Richtlinie für die Ermittlung des gemeinen Wertes von Schafen & Ziegen

RdErl. d. ML v. 19. 6. 2017 - 203-42140-34 - (Nds. MBl. Nr. 25/2017 S. 799),
zuletzt geändert am 17. 5. 2022 (Nds. MBL. 23/2022, S. 713)
-VORIS 78512-

 
Die Ermittlung des gemeinen Wertes von Schafen und Ziegen gemäß § 16 Abs. 1 TierSG hat nach folgenden Grundsätzen zu erfolgen.
In Anwendung des § 12 Abs. 1 und 2 AGTierSG ist bei Bestands- oder Teilbestandstötungen die Anzahl der Schafe und Ziegen im Rahmen einer Bestandsbegehung von Amts wegen zu erfassen und entsprechend dieser Richtlinie zu kategorisieren.
Auf der Grundlage der Bestandserfassung ist der gemeine Wert wie folgt zu ermitteln:
 
1. Schafe
  1.1. Zuchtschafe
    1.1.1. Gemeiner Wert
      Der gemeine Wert von Zuchtschafen setzt sich zusammen aus einem Grundbetrag nach Nummer 1.1.2, einem Zuchtwertzuschlag nach Nummer 1.1.3, ggf. einem Zuschlag für die Milchleistung nach Nummer 1.1.4, bei trächtigen Tieren einem Trächtigkeitszuschlag nach Nummer 1.1.5 und einer altersbedingten Wertminderung nach Nummer 1.1.6.
    1.1.2. Grundbetrag
      Der Grundbetrag für gekörte Böcke entspricht dem Durchschnittspreis der letzten Auktion für die jeweilige Rasse und Zuchtwertklasse (I bis III).
      Der Grundbetrag für nicht gekörte Böcke entspricht dem Schlachtpreis gemäß der öffentlichen Notierung. Sofern durch Ab-Hof-Verkäufe höhere Preise erzielt worden sind, sind diese durch entsprechende Verkaufsbelege der letzten zwölf Monate vor dem Schadenseintritt nachzuweisen.
      Der Grundbetrag für weibliche Herdbuchtiere entspricht dem Durchschnittspreis der letzen Auktion für Mutterlämmer der jeweiligen Herdbuchorganisation.
      Der Grundbetrag für weibliche Gebrauchsschafe entspricht dem Grundbetrag eines schlachtreifen Lammes nach Nummer 1.2.2, der je nach Konstitution um 10 bis 25 % erhöht werden kann. In diesen Fällen ist von einer Marktnotierung von mindestens 2 EUR/kg Lebendgewicht auszugehen.
      Sofern durch Direktvermarktung höhere Preise erzielt worden sind, sind diese durch entsprechende Verkaufsbelege der letzten zwölf Monate vor dem Schadenseintritt nachzuweisen.
      Stehen keine Auktionspreise oder öffentliche Notierungen zur Verfügung, sind für Herdbuchtiere die Ab-Hof-Preise der jeweiligen Herdbuchorganisation und für Gebrauchsschafe die durch entsprechende Belege nachgewiesenen Direktvermarktungserlöse abzüglich der Vermarktungs- und Schlachtkosten für die Festlegung des Grundbetrages heranzuziehen.
    1.1.3. Zuchtwertzuschlag
      Für Schauprämierungen kann ein Zuchtwertzuschlag in Höhe von 20 % auf den Grundbetrag gewährt werden, höchstens jedoch ein Betrag von 25 EUR.
      Für nachgewiesene Nachzuchterfolge kann zusätzlich ein Zuchtwertzuschlag von 20 % auf den Grundbetrag, höchstens jedoch ein Betrag von 25 EUR, gewährt werden.
      Sollen höhere Zuchtwertzuschläge berücksichtigt werden, sind diese im Entschädigungsantrag zu begründen und ggf. mit der Niedersächsischen Tierseuchenkasse abzustimmen.
    1.1.4. Zuschlag für Milchleistung
      Für Milchschafe, die eine abgeschlossene oder aktuell laufende Milchleistungsprüfung nachweisen können, kann ein Zuschlag in Höhe von 40 EUR gewährt werden.
    1.1.5. Trächtigkeitszuschlag
      Für über zwei Monate tragenden Schafe wird ein Trächtigkeitszuschlag von 40 EUR gewährt.
      Dieser Trächtigkeitszuschlag kann durch einen fixen Pauschalbetrag erhöht werden, der den rassetypischen Mehrlingsträchtigkeiten Rechnung trägt: Für Landschafe beträgt dieser Pauschalbetrag 2 EUR, für Fleischschafe 6 EUR und für Milch- und Merinofleischschafe 10 EUR.
    1.1.6. Altersbedingte Wertminderung
      Vom gemeinen Wert sind in Abhängigkeit von der Nutzungsdauer folgende Abschläge abzuziehen:
      Ab dem fünften Lebensjahr ein Abschlag von 10 % der Summe der Beträge nach den Nummern 1.1.2, 1.1.3 und 1.1.4 pro Jahr.
      Der aktuelle Schlachtwert bildet die untere Grenze für den verbleibenden Wert.
  1.2. Nutzschafe
    1.2.1. Gemeiner Wert
      Der gemeine Wert von Nutzschafen setzt sich zusammen aus dem Grundbetrag nach Nummer 1.2.2, dem Zuschlag für Mehrgewichte über 6 kg Lebendgewicht bis 45 kg für Fleischschafrassen bzw. 36 kg Lebengwicht für Landschafrassen und ggf. einem Aufschlag nach Nummer 1.2.3.
    1.2.2. Grundbetrag und Zuschlag
      Der Grundbetrag (GB) eines neugeborenen lebensfähigen Lammes (6 kg Lebendgewicht) beträgt 50 EUR, das Lebendgewicht (LG) eines schlachtreifen Lammes von Fleischschafrassen wird auf 45 kg, von Landschafrassen auf 36 kg festgelegt.
      Der Wert eines schlachtreifen Lammes ergibt sich aus der Multiplikation der in Absatz 1 genannten Gewichte mit der amtlichen Marktnotierung für Lebendgewicht und entspricht dem maximal erzielbaren Wert für Schlachtlämmer.
      Der Zuschlag (Z) für Gewichte über 6 kg (Neugeborenengewicht = NG) errechnet sich aus der Differenz zwischen dem Produkt Schlachtlebendgewicht (LG) x Marktnotierung und dem Grundbetrag (GB), welches durch die Differenz zwischen Schlachtlebendgewicht (LG) und Neugeborenengewicht (NG) dividiert und mit der Differenz aus Lebendgewicht (KG) und Neugeborenengewicht (NG) des zu schätzenden Tieres multipliziert wird.
      ([(LG x Marktnotierung]- GB) : [LG- NG]) x [KG - NG] = Z
      Für schlachtreife Tiere über 36 kg bzw. 45 kg Lebendgewicht wird der Zuschlag nicht gewährt.
      Darüber hinausgehende Schätzwerte müssen durch Verkaufsbelege nachgewiesen werden werden.
    1.2.3. Remontierungszuschlag
      Für die Anzahl von Lämmern, die bis zu 25 % des Mutterschafbestandes des Betriebes entspricht, mindestens jedoch für ein Lamm, wird ein Zuschlag von 25 % des nach Nummer 1.2.2 ermittelten Betrages gewährt. Alle übrigen Lämmer sind wie Schlachtlämmer einzustufen.
 
2. Ziegen
  2.1. Weibliche Ziegen
    2.1.1. Gemeiner Wert
      Der gemeine Wert von weiblichen Ziegen setzt sich zusammen aus einem Grundbetrag nach Nummer 2.1.2, dem Herdbuchzuchtzuschlag nach Nummer 2.1.3, einem Zuchtwertzuschlag nach 2.1.4, bei milchgebenden Ziegen einem Zuschlag für die Milchleistung nach Nummer 2.1.5, bei trächtigen Tieren einem Trächtigkeitszuschlag nach Nummer 2.1.6 und einer altersbedingten Wertminderung nach Nummer 2.1.7.
    2.1.2. Grundbetrag (G)
      Der Grundbetrag für weibliche Gebrauchsziegen beträgt 50 EUR.
      Dieser Grundbetrag kann je nach Konstitution um 10 bis 25 % erhöht werden.
    2.1.3. Herdbuchzuchtzuschlag (Z)
      Der Herdbuchzuchtzuschlag für eingetragene Herdbuchtiere beträgt 75 EUR.
      Für weibliche Jungziegen ohne eigene Einstufung ist die Einstufung des Muttertieres maßgeblich.
    2.1.4. Zuchtwertzuschlag
      Für Schauprämierungen kann ein Zuchtwertzuschlag von 25 EUR gewährt werden.
      Für nachgewiesene Nachzuchterfolge kann zusätzlich ein Zuchtwertzuschlag von 25 EUR gewährt werden.
      Sollen höhere Zuchtwertzuschläge berücksichtigt werden, sind diese im Entschädigungsantrag zu begründen und ggf. mit der Niedersächsischen Tierseuchenkasse abzustimmen.
    2.1.5. Zuschlag für Milchleistung
      Für Ziegen, die eine abgeschlossene oder aktuell laufende Milchleistungsprüfung nachweisen können, kann ein Zuschlag in Höhe von 50 EUR gewährt werden.
    2.1.6. Trächtigkeitszuschlag
      Für über zwei Monate tragende Ziegen wird ein Trächtigkeitszuschlag in Höhe von 40 Eur gewährt.
    2.1.7. Altersbedingte Wertminderung
      Vom gemeinen Wert sind in Abhängigkeit von der Nutzungsdauer folgende Abschläge abzuziehen:
      Ab dem fünften Lebensjahr ein Abschlag von 10 % der Summe der Beträge nach den Nummern 2.1.2, 2.1.3, 2.1.4 und 2.1.6 pro Jahr.
      Der aktuelle Schlachtwert bildet die untere Grenze für den verbleibenden Wert.
  2.2. Zuchtböcke
    Der gemeine Wert von Zuchtböcken ergibt sich aus einem Grundbetrag (GZ), der anhand des Durchschnitts der Zuschlagspreise der letzten Auktion ermittelt wird. Die durchschnittlichen Zuschlagspreise stellt die jeweilige Herdbuchorganisation zur Verfügung. Alternativ können vorhandene Rechnungen herangezogen werden.
    Der Grundbetrag für nicht gekörte Böcke entspricht dem Schlachtpreis nach aktueller Notierung für Schlachtschafe.
    Sofern höhere Preise erzielt worden sind, sind diese durch entsprechende Verkaufsbelege der letzten zwölf Monate vor dem Schaden nachzuweisen.
  2.3. Nachzuchtlämmer und Jungziegen
    Der gemeine Wert von Nachzuchtziegen und Jungziegen setzt sich zusammen aus dem Grundsatz (GB) eines neugeborenen lebensfähigen Lammes und einem Zuschlag pro Lebensmonat.
    Der Grundbetrag (GB) eines neugeborenen lebensfähigen Ziegenlammes beträgt 20 EUR.
    Der Zuschlag pro Lebensmonat beträgt ein Zwölftel der Differenz aus dem gemeinen Wert des nicht tragenden Muttertieres (ohne Alterswertminderung) und dem Neugeborenenpreis von 20 EUR und berechnet sich nach folgender Formel :
    (G + Z + ZZ + M - GB) : 12 Monate = Zuschlag pro Lebensmonat.
    Dieser Zuschlag wird nur für maximal zwölf Monate gewährt.
    G = Grundbetrag nach Nummer 2.1.2
    Z = Herdbuchzuchtzuschlag des Muttertiers nach Nummer 2.1.3
    ZZ = Zuchtwertzuschlag nach Nummer 2.1.4
    M = Zuschlag für Milchleistung des Muttertieres nach Nummer 2.1.5
    GB = Grundbetrag eines neugeborenen lebensfähigen Lammes.
    Bei tragenden Jungziegen wird zusätzlich der Trächtigkeitszuschlag nach Nummer 2.1.6 gewährt.
    Der Herdbuchzuchtzuschlag (Z) und der Zuchtwertzuschlag (ZZ) können nur berücksichtigt werden, sofern dem Muttertier ein Zuchtwertzuschlag zusteht oder zugestanden hätte.
    Für Nachzuchtlämmer und Jungziegen ist die Milchleistung des Muttertieres zugrunde zu legen.
  2.4. Ziegenlämmer zur Schlachtung
    Der gemeine Wert von Ziegenlämmern zur Schlachtung errechnet sich aus dem Lebendgewicht multipliziert mit der Marktnotierung lebend für Schaf-Schlachtlämmer, der um 15 % erhöht wird.
    Sofern durch Ab-Hof-Verkäufe höhere Preise erzielt worden sind, sind diese durch entsprechende Verkaufsbelege der letzten zwölf Monate vor dem Schadenseintritt nachzuweisen.
 
3. Grundsätzliche Hinweise
  3.1. Bei der Festlegung des Grundbetrages (Durchschnittspreis/ tatsächlicher Ankaufspreis) und anderer wertbeeinflussender Beträge ist die von der Käuferin oder dem Käufer zu zahlende Mehrwertsteuer nicht zu berücksichtigen.
  3.2. Werden Marktentlastungsmaßnahmen in der betreffenden Region durchgeführt, sind an der Stelle der Marknotierungen die jeweils für das betroffene Gebiet festgelegten Beihilfesätze zu berücksichtigen.
    Im Fall eines erheblichen Preisverfalls aufgrund großflächiger und langandauernder Seuchenzüge können in Absprache mit der Niedersächsischen Tierseuchenkasse die Marktnotierungen der Tötungswoche des Erstausbruches berücksichtigt werden.
  3.3. Über das Ergebnis der Ermittlungen des gemeinen Wertes von Schafen oder Ziegen ist je Bestand eine Niederschrift anzufertigen. Die Niederschrift ist von den an der Schätzung beteiligten Personen der zuständigen Behörde zu unterzeichnen. Dem Protokoll sind die Ergebnisse der Wägung sowie Nachweise über eventuell erzielte Verkaufserlöse beizufügen.
  3.4. Von den Nummern 1 und 2 abweichende Schätzungen des gemeinen Wertes von Schafen oder Ziegen dürfen in Sonderfällen nur in Abstimmung mit der Niedersächsischen Tierseuchenkasse vorgenommen werden.
  3.5. Zuschläge sind nur zu berücksichtigen, wenn sie belegt werden können.
  3.6. Bei seuchenbedingten Gewichtsverlusten von seuchenkranken Tieren nach der amtlichen Tötungsanordnung ist bei der Schätzung von einem rassetypischen Durchschnittsgewicht entsprechend dem Lebensalter auszugehen.
  3.7. Vor der Tötungsanordnung vorhandene sichtbare Qualitätsmängel, wie z. B. Abmagerung, Mastitiden, Gliedmaßenschäden, Verletzungen, Abszesse, Parasitosen, sind bei der Wertermittlung durch angemessene Abschläge zu berücksichtigen.
  3.8. Für die Ermittlung des Wertes des Tieres ist dessen Lebendgewicht durch Wägung zu ermitteln. Ist dies nicht möglich, so sind die Gewichte zu schätzen und mit den Werten der Wägung in den Tierkörperbeseitigungsanstalten abzugleichen. Die Wiegeprotokolle sind dem Schätzprotokoll hinzuzufügen.
 
4. Schlussbestimmung
  Dieser RdErl. tritt am 28. 6. 2017 in Kraft und mit Ablauf des 31. 12. 2024 außer Kraft.